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Text RAT

Reflektorische Atemtherapie

Die reflektorische Atemtherapie ( RAT ) beruht auf der Weiterentwicklung der Atemmassage von Dr. J.L. Schmidt (1896-1963). Seine langjährige Assistentin Frau Liselotte Brüne, entwickelte seine Arbeit weiter und machte sie für eine große Zahl von Therapeuten zugänglich.

Die RAT wirkt auf nervös-reflektorischem Weg, d.h. die Griffe rufen „unwillkürliche“ Atembewegungen hervor und wirken auf die Organreflexzonen ein.

Wirkungsweise

Die Atmung wird vom Atemzentrum reguliert. Es liegt in der Modulla oblongata; hier laufen viele Informationen zusammen und steuern den rhythmischen Ablauf der Ein- und Ausatmung.

Verschiedenartige Rezeptoren im Organismus melden ihre Informationen weiter, so kann das Atemzentrum die Ventilation an die Stoffwechselbedürfnisse anpassen.

Chemorezeptoren geben Aufschluss über die Sauerstoff- und Kohlendioxydkonzentration, sowie den pH-Wert im Blut.

Dehnungsrezeptoren der Lunge, Mechanorezeptoren der Muskulatur, Temperatur-, Berührungs-, und Schmerzreize der Haut, vegetative Nerven in Lungen und Bronchien (Vagus und Sympatikus) der Wille und die Psyche haben Einfluss auf das Atemzentrum.

Das Herz-Kreislaufsystem ist eng mit der Atmung verbunden.

Vom Atemzentrum werden die Atemmuskeln innerviert, welche die erforderliche Atemarbeit leisten.

Es wird deutlich welche Fülle von Faktoren unsere Atmung beeinflussen. Dies bietet den Atem-Therapeuten viele Möglichkeiten in der Behandlung und erklärt deren Wirksamkeit.

Ausführung

Die RAT gliedert sich in drei Teile, die Wärmebehandlung, manuelle Behandlung und die Atemgymnastik.

Die Wärmebehandlung wird mit heißen, feuchten Tüchern vor der manuellen Behandlung appliziert. Je nach Behandlungsschwerpunkt werden sie auf den vorderen, seitlichen, meist jedoch auf den rückwärtigen Thoraxabschnitten aufgelegt.

Die Wärmebehandlung bewirkt eine gute Durchblutung des Gewebes und führt bereits zu entspannteren und tieferen Atemzügen.

Die manuelle Behandlung wird in unterschiedlichen Ausgangsstellungen ausgeführt. In Bauch-, Seit- und Rückenlage oder auch im Sitz werden bestimmte Streichungen und Griffe durchgeführt, die einen optimalen Atembewegungsablauf gewährleisten sollen.

Aufgrund gezielter Druckverschiebungen in Haut und Muskeln sowie durch Schmerzreize unterschiedlicher Dosierung wird eine nervös reflektorische Steuerung in Gang gesetzt und somit unwillkürlich eine Veränderung der Atembewegung hervorgerufen.

Ziel ist es, die Gewebewiderstände von Haut, Unterhautgewebe und Muskulatur herab zusetzen und den Grundtonus der Atem- und Atemhilfsmuskulatur wiederherzustellen.

Die bevorzugten Stellen bei der Behandlung liegen an den Ursprüngen und Ansätzen der Rumpfmuskulatur und der Atemmuskeln, insbesondere an den Übergängen von Sehne zu Muskel und von Sehne zu Knochen, sowie an den Seitenrändern der Muskeln.

Die an der Atmung beteiligten Muskeln und Gelenke sind vielfältig. Um einen optimalen Atembewegungsablauf zu ermöglichen, müssen alle beteiligten Strukturen uneingeschränkt in ihrer Funktion zur Verfügung stehen.

Der größte Atemmuskel ist das Zwerchfell, zusammen mit den Intercostalmuskeln bewirken sie die Weit- und Engstellung des Brustkorbs, was zur Ein- und Ausatmung führt.

Viele Strukturen können diesen Vorgang behindern. Hat die Bauch- und Rückenmuskulatur eine zu hohe Spannung, kann sich das Zwerchfell nicht ungehindert ausdehnen. Sind die Halsmuskeln verspannt (sie haben fast alle Fasern zu den oberen Rippen) kann sich der Brustkorb bei der Ausatmung nicht ungehindert senken. Ist die Haut- und Gewebespannung um den Brustkorb erhöht, ist eine vermehrte Atemarbeit zu leisten um einzuatmen. Besteht ein Rundrücken, verhindert allein die Stellung der Wirbel-Rippengelenke einen normalen Bewegungsablauf. Dies sind nur einige Beispiele an Hindernissen für einen „normalen“ Atembewegungsablauf.

Die RAT hat zum Ziel diese „Hindernisse“ aufzuspüren und durch gezielt Griffe und Streichungen zu behandeln um den bestmöglichen Atembewegungsablauf zu erreichen.

Der Brustkorb sollte sich in alle Richtungen optimal frei bewegen können.

Die RAT ist eine Ganzkörperbehandlung, das heißt, es werden alle Gebiete des Körpers behandelt. Der Übergang von Brustkorb zum Kopf, die obere Thoraxöffnung, der Übergang zu den Armen, die Schultergelenke bis hin zu den Händen, ebenso die Verbindung untere Brustkorböffnung zum Becken, Kreuzbein und Hüftgelenke bis zu den Füßen.

Es hat sich gezeigt, dass erhöhte Spannungen im Becken- und Beinbereich ebenso dazu führen die Atembewegung zu behindern, wie erhöhte Spannung in Armen und Gesichts- und Kiefermuskulatur.

Die Atemgymnastik beinhaltet therapeutische Körperstellungen, Dehnungshaltungen und Gleichgewichtsübungen, welche die Atemform auf reflektorischem Weg beeinflussen. Durch die eingenommene Stellung wird jeweils der Atemablauf geändert und die Ventilation kann zusätzlich gesteigert werden. Die Übungen dienen zur Erhaltung dessen, was in der manuellen Behandlung erreicht wurde und könne vom Patienten selbstständig fortgeführt werden.

Behandlungsziele

Lockerung und Durchblutung von Rumpf- und Atemmuskeln und den Gelenkverbindungen an Rumpf, Kopf und Extremitäten.

Verbesserung der gesamten Atembewegungsfunktion  und Vergrößerung der Atemkapazität

Herabsenken der Atemarbeit, Entblähen der Lunge, Verbesserung von Perfusion und Ventilation der Lunge

Beeinflussung des Vegetativen Nervensystems

Anwendungsgebiete

1.            Störungen der Atemmechanik:

a)             Obstruktive Ventilationsstörungen ( Asthma, bronchiale, obstruktives                                     Emphysem, COPD, chronisch obstruktive Bronchitis, Mukoviszidose)

b)            Restriktive Ventilationsstörungen besonders bei verminderter                                                 Thoraxdehnfähigkeit ( Skoliose, Trichterbrust, Morbus Bechterew,                                     Pleuralverschwartungen, starke Muskelverspannungen)

2.            Störungen des Bewegungsapparates

u.a. Wirbelsäulensyndrome auf rheumatischer oder degenerativer Grundlage

(z.B.Scheuermann, Ischialgie, Lumbalgie, Periarthritis humeroscapularis, usw.)

3.            Fehlregulationen des vegetativen Nervensystems wie Dysregulation von seiten der

– Atmung, sog. Atmungssyndrom

– des Kreislaufs, hypo- und hypertone Dysregulation

– des Herzens, sog. Nervöse Herzbeschwerden

– des Magen- und Darmtraktes, z.B. Roemheld-Symptomkomplex mit                                        Zwerchfellhochstand, Obstipation u.ä.

4.            Psychische Störungen wie leichte depressive und neurotische Formen ( Atemtherapie            als Zusatz zur Psychotherapie )

5.            Vorbereitung auf

– Atemgymnastik

– Gymnastik

– Gesangsschulung

– sportliches Training

Kontraindikationen

Infektionskrankheiten, Hautkrankheiten wie allergische Zustände, Neuritiden, Psychosen und sonstige akuten Erkrankungen